Fritzens, ein vergessener Wallfahrtsort

Das Fritzner Haupt

In der Bibliothek des Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck (Dip.1174, Nr. XIV) ist über die Auffindung und Verehrung des Gnadenreichen Hauptes Christi zu lesen:

„Am 4. April des Jahres 1744 wird das wundertätige und gnadenreiche Haupt Christi zur öffentlichen Verehrung ausgesetzt nachdem es schon über mehr als 100 Jahre von den Leuten aus der Umgebung verehrt worden war.“

Dieses Haupt, das von einem zerstörten Kruzifix oder Herrn im Elend stammte, wurde, so der Bericht weiter, vor „urdenklichen Jahren“ von einem Fischer, der in Fritzens wohnte, aus dem Inn geborgen und zu Hause über der Stubentür aufgestellt. Weil aber die Hausbewohner, diesem Haupt keine Ehrerbietung erwiesen, übertrug er es in die Pfarrkirche (Baumkirchen Anm. d. Vf.). Am nächsten Tag jedoch stand das Haupt wieder an seinem Platz über der Stubentür. Abermals trug es der Fischer in die Pfarrkirche, nach einer anderen Quelle in die dortige Totenkapelle, doch über Nacht kehrte der Christuskopf auf wunderbare Weise an den angestammten Platz in der Stube zurück. Worauf man mit der Verehrung begonnen hatte. Dazu hat merklich beigetragen, dass alle, die ihm nicht die gebührende Ehre erwiesen haben, mit Kopfschmerzen bestraft worden sind. So erging es auch einem gewissen Redler, der dem Haupte frevelhaft seinen Hut aufgesetzt hat und sofort mit heftigen Kopfschmerzen bestraft worden ist, die erst nachließen, als er sein frevelhaftes Tun zu tiefst bereut hatte. Daraufhin wandten sich die Leute mit heftigen Kopfschmerzen vertrauensvoll an das Gnadenreiche Haupt Christi um Linderung bzw. Heilung zu erfahren.

Bald war die Stube, in der das Haupt Christi aufgestellt war, dem Andrang der Hilfesuchenden nicht mehr gewachsen, und so wurde dieses in die Hauskapelle im Ansitz Fritzensheim übertragen. Bald war auch diese zu klein, darum ließ der Besitzer des Ansitzes an der nördlichen Außenmauer ein Kirchlein anbauen.

Nachdem das Kirchlein beim Ansitz Fritzenheim dem Bahnbau weichen musste, und der Ansitz selbst zum Bahnhofsgebäude wurde, kam das Haupt Christi in die neu errichtete Pfarrkirche in Fritzens, wo es weiterhin verehrt wurde und zahlreiche wunderbare Heilungen bewirkte. Diese konnte man auf einer Votivtafel, die allerdings im Jahre 1973 gestohlen worden ist, nachlesen.

So wurde zum Beispiel eine junge Frau, die beim Wasserholen in den Inn gestürzt war und eine viertel Gehstunde weit abgetrieben worden war, nach von einem Fischer leblos geborgen. Nachdem ihr Vater eine Messe zu unserem Herrn Haupt verlobt hatte, rührte sie sich wieder und nach einigen Tagen war sie kerngesund.

Dass das wundertätige Fritzner Haupt weit über die unmittelbare Umgebung von Fritzens hinaus bekannt war und verehrt wurde, bezeugt eine Begebenheit aus Lienz, wo ein Niclaus (sic) Harter dermaßen arg an Kopfschmerzen litt, dass er seinen Vetter ersuchte, an seiner Stelle zu unseres Herren Haupt eine Wallfahrt zu verrichten. Als dieser erst nach vierzehn Tagen dessen Bitte nachgekommen war, wurde Niclaus Harter geheilt. Weiters zeugte eine große Anzahl von Votivgaben aus Silber und Wachs von den wunderbaren Heilungen.

Im Lauf der Jahre geriet die Verehrung des Gnadenreichen Hauptes in Vergessenheit. Heute befindet sich dieses in der Pfarrkirche in einer Nische rechts vom Eingang. Auf dem Deckengemälde in der Kirche hat F. X. Fuchs dargestellt, wie die Fischer das Haupt Christi aus dem Inn bergen. Die Zille, mit der die Fischer den Inn befahren, trägt die Jahrzahl 1637.

Adolf Höpperger

Ortschronist in Fritzens

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27.07.2021