Der letzte Pulvertransport aus Gnadenwald

schwarzpulver

Im Jahre 1893 wurde der Pulvermacher vom Gnadenwald vom Verwalter des k. u. k. Artilleriezeugsdepots in Innsbruck verständigt, dass ihm vom Militär kein Pulver mehr abgenommen werde und der Betrieb zu schließen sei, da die Militärpulverfabriken in Blumau und Stein in Krain genügend Schwarzpulver erzeugen und ein privater Betrieb daher überflüssig sei. Noch lagernde Pulvervorräte waren in den Pulverturm auf der Ulfiswiese in der Höttinger Au abzuführen.

Damit fand die Pulvermacherei in Gnadenwald ihr Ende, und man bereitete den letzten Pulvertransport vor. Der Schlittenweg durchs Farbental war gut, und der alte Fuhrknecht Much lud auf den Schlitten fünf Fässer Jagd- und Scheibenpulver, aber auch einige Säckchen mit grobkörnigem Sprengpulver auf, die er als Geschenk befreundeten Bauern in Fritzen, Baumkirchen, Mils und Absam machen wollte. Das war seine Sache und ging niemanden etwas an. 

Am frühen Morgen des Silvestertages ging die Fahrt los, aber schon beim Farbentaler fand sie eine böse Unterbrechung. An ihr war die Fahrlässigkeit des Much schuld. Transporte von Pulver und Sprengstoff unterlagen strengen Vorschriften. Die beladenen Fuhrwerke mussten deutlich durch eine schwarze Fahne gekennzeichnet werden, und dem Begleitpersonal war das Rauchen verboten. Eine schwarze „Fuhn“ hatte der Much ja mit, aber das Rauchen seiner Pfeife ließ er sich nicht verbieten. Was sollte denn dabei schon geschehen? Er ging den Pferden, die den Weg genau kannten, voraus, und wie konnte aus der Deckelpfeife ein Funken herausspringen?

Als seine Pfeife ausgegangen war, verfertigte er sich einen Fidibus, ein Stück Pulverschnur, eingewickelt in Papier. Damit zündete er die Pfeife wieder an. Dann warf er achtlos den Fidibus zur Seite. Wahrscheinlich trieb der Wind den noch brennenden Fidibus an ein aus der Ladung herausragendes Pulversäckchen und setzt es im Nu in Brand. Die Pferde merkten es noch vor dem Much und gingen erschreckt durch. Zum Glück schlug der Schlitten um, und die Fässer und Säckchen zerstreuten sich. Nur ein Säckchen war verbrannt. 

Mit Hilfe der Hausleute vom Farbentaler lud der Much Säckchen und Fässer wieder auf, steckte sogar die Fahne auf die Ladung, die Pfeif aber in seine Rocktasche. Die Lust zum Weiterrauchen war ihm gründlich vergangen.

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05.01.2022